Dass die Walliser verstehen,
Feste zu feiern ist unbestritten. Dass sie es gerne tun auch. Und Anlass zu
einer Feier gibt es immer. Wenn ich da bloss den Veranstaltungskalender der
Freien Ferienrepublik Saas-Fee studiere, wähne ich mich gleich in einer
Festhütte. Spanferkelfest, Alpfeste, Jodlerfest, Seenachtsfest, Saaser
Dorffest, Eröffnungsparty Sommerskigebiet und all die Festlichkeiten zum
Nationalfeiertag um nur einige zu nennen. Wer also heiss feiern möchte – bei
angenehmen Bergtemperaturen – sollte unverzüglich ins Saastal reisen. Er wird
auf seine Kosten kommen…
Besonders angetan haben es mir
in diesem Jahr die Feiern zum Nationalfeiertag. Nicht bloss wegen des
grossartigen und absolut sehenswerten Folkloreumzuges in Saas-Grund zum Thema
„Wie die alten Saaser lebten.“ Auch nicht wegen den verschiedenen
Festansprachen, meist von Politikern. Selber habe ich zuviele 1.
Augustansprachen gehalten als dass ich mich über diese zu arg auslassen möchte.
Nein, auch wenn es mich manchmal schon amüsiert, wenn Redner nach
wohlgeschliffenen Redewendungen suchen, mit viel Pathos wohlbekannte Dinge
kompliziert den Zuhörern zuschreien und versuchen rethorisch zu punkten. Anstatt
den Menschen einfach das zu sagen, was sie ihnen mitteilen möchten. Und dann zu
schweigen, wenn es gesagt ist. Denn nachher geht es dann jeweils grossartig
los. Nicht die Diskussion über die Rede, sondern das Fest.
In diesem Jahr feiert das
Wallis die 200-jährige Zugehörigkeit zur Schweiz. Oder umgekehrt. Und das wird
gefeiert. Nicht bloss am 1. August. Das ganze Jahr über. Anlässe, Feste aller
Art. Als geschichtsinteressierter Mensch
weiss ich zwar, dass damals alles andere als eine Liebesheirat zwischen
dem Wallis und der Eidgenossenschaft stattgefunden hat. 1815 wurde in Wien –
nach der napoleonischen Zeit - eine europäisch arrangierte Zwangsheirat
vollzogen. Warum man so etwas feiern kann? Ganz einfach: Liebe kann sich
entwickeln. Sogar in der arrangierten Ehe Schweiz – Wallis. Oder eben: Man muss
die Feste feiern wie sie fallen…“
Christoph Gysel